Ein Flachdach ist scheinbar nach wie vor eine gewisse Herausforderung. Das Wasser sollte abfließen können – auch in die richtige Richtung und dann, am besten gezielt in einer Regenrinne verschwinden. Bei Flachdach-Anbauten gibt es immer irgendwo eine Verbindung zum Haus – das ist eine potentielle Schwachstelle. Dann muss das Wasser von der Fläche irgendwo ablaufen – was im besten Fall über die Kante in eine Regenrinne passiert.
Jetzt werden Häuser älter, Materialien schwächer und Ritzen und spalten größer. Meist sieht man das auch gar nicht, weil es z.B. hinter der Dachrinne oder durch Kletterpflanzen versteckt passiert.
Das Problem:
Vergangenen Winter gab es einigen Schnee. Der kam irgendwann vom Dach und blieb auf unserem Flachdach-Vorbau (Balkon/Terrasse) liegen und fror sofort fest. Ca. ein Kubikmeter Eisschnee, der nur mit roher Gewalt (Pickel) zu zerkleinern war. Das war mir aber zu gefährlich, weil ich die Fließen darunter nicht zerstören wollte.
Was ich nicht wußte – Bei Tauwetter entstand ein geschlossener Wasserfilm, der in jede Mauerritze – und eben auch hinter der Regenrinne – auch bis unter den Putz eindrang. Und dass Ganze ca. 3 Wochen lang. Kurzum, die Mauer war naß.
Das Ergebnis – Schimmel an Wand und Decke des darunter liegenden Vorbaus (nicht geheizter Kaltraum)
Lösungen:
Davon gibt es sicher unzählige – und viele davon haben wir uns angesehen:
- reine Sanierung ohne Veränderungen
- Aufbau eines Wintergartens
- Teilgeschlossene Überdachung
- Sanierung und Ummauerung mit Dach
- Abriss des gesamten Vorbaus
Die wenigsten davon konnten uns überzeugen und auch konkrete Angebote von Firmen brachten keine wirklich schöne und praktische Lösung. Die Hoffnung auf ein durchgängiges Glasdach mussten wir aus Statikgründen leider aufgeben – ein ca. 10m2 Sicherheitsglasdach wiegt etwa 700 kg und könnte nur stehend verwendet werden…
Massive Holzkonstruktionen passen nicht zum Haus und einen bunten Materialmix (Mauer, Stahl, Glas, Blech. Holz etc.) wollten wir nicht.
Zwischenlösung:
Um uns etwas Zeit zu verschaffen und weitere Zerstörung zu verhindern, habe ich folgende Maßnahmen getroffen:
1. Pflanzen und Putz entfernen um Wände und Decke austrocknen:
Erste und wichtigste Aufgabe war natürlich sofort den Schimmel zu entfernen – auf den Seiten von Architekt Krumwiede wurde ich hier schnell fündig, wie das auf ökologische und nachhaltige Weise funktioniert.
Mit etwas Wehmut musste dann der mühsam hochgezogene Efeu dran glauben – der seine extreme Haftkraft zur Schau stellte. Ganze Putzbrocken rissen aus der Wand, bevor der Efeu nachgab – es gibt also deutlich weniger zerstörerische Kletterpflanzen.
Erst nachdem Dachrinne, Verblendung und vor allem der feuchte Putz entfernt waren, wurde das eigentliche Ausmaß deutlich…
2. Kompletten Terrassenaufbau entfernen:
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch durch die Rohrlöcher (dort waren die Geländerrohre in die Bodenplatte eingelassen) Wasser eingedrungen sein konnte.
Jetzt wurde der restliche Fliesenkleber entfernt und Kanten und Ecken leicht abgerundet – damit nichts Spitzes oder Scharfkantiges die Abdichtung zerstören kann.
3. Dachabdichtung anbringen
Hier waren jetzt Ideen und sorgfältige Planung gefragt, da der Aufbau günstig, sehr windstabil, Regen und Schneedicht sein musste und mindestens einen eventuell harten Winter überstehen sollte. Folien sind entweder zu schwach oder viel zu teuer. Verschiedene Arten von Kunststoff-Versiegelungen sind ökologisch sehr fragwürdig und schwer wieder zu entfernen. Holz oder andere Abdeckungen sehr aufwändig.
Wir haben uns dann für günstige nicht-gesandete Bitumenbahnen entschieden, die mit Kaltkleber verbunden wurden.
Die erste Bahn war die aufwändigste – bereits unten am Boden zur Hälfte gefaltet um einen sauberen Knick zu bekommen – läuft diese einmal um das ganze Flachdach:
Die beiden Ecken wurden vorsichtig gefalzt und mit einem noch übrigen Dampfsperrenklebeband fixiert. Die Spitzen der Ecke sind ebenfalls verstärkt. Zum Falzen eignet sich besonders ein kleiner Tapetenroller:
Der dann 50 cm überstehende Teil der Bitumenbahn hängt über die Flachdachplatte und sorgt so dafür, das auch schräg fallender Regen oder Schnee nicht an die Kante oder den Bereich ohne Putz gelangen kann. Damit dieser nicht flattern kann und die darüber liegende zweite Bitumenschicht keinen direkten Kontakt hat (und damit wieder Wasser eindringen kann) wurden spezielle Leisten angefertigt – deren obere Seite schräg abgeflacht sind:
Kleiner Tipp für die Schrauben und Dübel: Leisten ansetzen und komplett durchbohren, dann ohne die Leisten wieder zu entfernen extra lange Einschlagdübel verwenden und sofort verschrauben – das spart viel Arbeit und geht sehr schnell und einfach
Jetzt wird die Oberfläche mit Kaltkleber eingestrichen – hier empfiehlt sich eine alte kleine Farbrolle mit einem langen Stiel – damit kann man im Stehen arbeiten, es wird vollflächig aufgetragen, keine Pinselhaare und wenig „Sauerei“:
Auf die Dachfläche werden nun die (in meinem Fall 3) Bitumenbahnen von Außen (wichtig) nach Innen verlegt. Dabei überlappt die erste Bahn ca. 5 cm die Fixierleisten um eine sichere Tropfkante zu erhalten. Die weiteren Bahnen werden mit mindestens einem Drittel überlappend verklebt.
Die letzte Bahn wird nicht sofort verklebt und etwa 15 cm nach oben an die Anschlusswand gezogen (mit einem leichten Radius-um den kritischen Wandanschluss sicher zu schützen) und mit einer weiteren Fixierleiste in der Wand verschraubt. Hier ist es wichtig, die Leiste und die Bitumenbahn sehr sorgfältig auf gleicher Höhe zu befestigen, damit Wasser-eindringen bestmöglich verhindert werden kann.
Auch hier sind die Leisten wieder an der oberen Kante leicht abgeschrägt, damit Wasser ablaufen kann.
Nach diesem Schritt kann die auch diese Bahn mit den unteren verklebt werden:
Ein weiterer kritischer Ort ist der Anschluss an die Türe. Damit auch hier kein Wasser eindringen kann wurde die Bitumenbahn mit dem sehr stark klebenden Dampfsperrenklebeband (dass scheinbar überall klebt) abgedichtet.
Parallel wurde noch in diese Türe, die ja im ersten Stock ist, ein Schließzylinder eingebaut – damit niemand den Balkon betreten kann und versehentlich herunterfällt, weil ja kein Geländer mehr vorhanden ist.
Damit auch kein Wasser oder Schnee hinter die Bitumenbahnen gelangen kann wurde die obere Kante noch mit Silikon abgedichtet – auch weil die Hauswand zu viele Unebenheiten hatte:
So sieht die Fläche dann aus – ist trittfest und komplett und vor Allem fast rückstandsfrei wieder entfernbar – der Kaltkleber wurde nur auf die Bitumenbahnen verstrichen. Die Gesamtkosten lagen unter 50 Euro – bei ca. 5 Stunden Arbeitszeit mit zwei Personen. (rein die Versiegelung ohne Abbau von Geländer, Bodenplatten, Pflanzen und Putz)
Im folgenden Bild sieht man nochmal schön den unteren Kragen, der auch die Wand schützt, sowie die darüber liegende Bahn mit der Tropfkante – wobei die Bitumenbahn noch an die Holzleisten geheftet wurde:
Das ist sicher keine fachgerechte Ausführung, und Gewährleistung kann ich nicht geben – bis jetzt (nach den ersten stärkeren Regenfällen und gefrorenem Eis sowie Wind) scheint diese Lösung gut zu halten. Gerne nehme ich natürlich Verbesserungsvorschläge auf und bin für Tipps und Kritik sehr dankbar.
Einen „Haltbarkeitsbericht“ und Erfahrungen bzw. wie es weiter geht – gibt’s natürlich, wenn es so weit ist.
UPDATE: Das Flachdach wurde nach einiger Zeit von einer Firma professionell restauriert und „verblecht“ – seitdem ist alles dicht und es sieht natürlich Top aus.