Welches Objektiv brauche ich?
Ein großer Vorteil von Spiegelreflexkameras und modernen Spiegellosen Wechselobjektivkameras ist die Möglichkeit, verschiedene Objektive zu verwenden.
Diese Wahl wird schnell zu Qual, sieht man die Bandbreite und vor allem die Preise für diese Objektive.
Auf dieser Seite möchte ich einige Entscheidungshilfen geben, welche Objektive sich wofür eignen und was zu beachten ist.
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Was bedeutet Brennweite?
Zu Analogzeiten war es sehr einfach – man hat sich auf eine Filmgröße (36x24mm = Kleinbildformat) geeinigt – und jeder wußte damit welche Ergebnisse z.B. ein 50mm Objektiv liefern würde.
Seit es Digitalkameras gibt, ist es aufgrund der vielen verschiedenen Sensorgrößen nicht mehr so einfach. Damit man wieder auf einen vergleichbaren Nenner kommt haben Spiegelreflexkameras einen „Crop“-Faktor angegeben (berechnet sich aus dem Verhältnis der Sensorgröße zum Kleinbildformat) – mit diesem muss man die Brennweitenangabe multiplizieren, um auf den „realen“ Wert zu kommen.
z.B.: Werte für eine Canon 50D > Crop-Faktor = 1,6:
- 12mm Weitwinkel wir zu 19mm Weitwinkel
- 35mm Weitwinkel wird zum 56mm Normal-Objektiv
- 50mm Normal-Objektiv wird zum 80mm Tele-Objektiv
- 200mm Tele-Objektiv zum 320mm Tele-Objektiv
Je höher also der Crop-Faktor, um so mehr „Tele“ bekommt man, verliert aber Weitwinkel.
Wichtiger ist aber, wenn von ein 50mm Foto entstehen soll, muss bei Crop=1,6 mit einem 35mm Objektiv fotografiert werden!
Bauformen…
..ist vielleicht nicht der richtige Begriff für dieses Unterscheidungsmerkmal, trifft es aber sehr gut. So teilen sich die Objektive in Festbrennweiten und Zoom-Objektive.
Festbrennweiten sind die erste Wahl, wenn es um höchsten Anspruch, Qualität und Lichtstärke geht. Auch sind diese Objektive für besonders scharfe Fotos bekannt – zudem haben Sie die geringsten konstruktiv-bedingten Fehler. (siehe auch „das beste Objektiv„)
Nachteil ist sicher der hohe Preis und die Notwendigkeit für jede gewünschte Brennweite – ein eigenes Objektiv zu „besitzen“.
Festbrennweiten haben nur einen Einstellring (für die Schärfe).
Sie eignen sich sehr gut um das Fotografieren wirklich zu lernen!
Zoom-Objektive haben den großen Vorteil, ein breites Band an Einstellungen abzudecken. Sie sind für Hobbyfotografen interessant und vor Allem auf Reisen ein guter Begleiter, wenn man nicht den „großen“ Koffer mitnehmen kann.
Zoom-Objektive sind immer ein Kompromiss – auch wenn die Hersteller viel dafür tun, diesen Ruf zu entkräften.
Selbstverständlich gibt es auch bei Zoom-Objektiven besonders hochwertige Produkte, (meist mit kleinerem Zoombereich) auch für spezielle Anforderungen z.B. Presse, Sport oder Actionfotografie.
Zoom-Objektive haben zwei Einstellringe (für Schärfe und Brennweite)
Für die meisten Anwendungen reicht auch die Qualität eines guten Zoom-Objektivs aus.
Objektiv-Arten und Verwendung:
Objektive lassen sich in 4 Gruppen einteilen:
Weitwinkel | Normal | Tele | Spezialobjektive
Weitwinkel- Objektive (ca. 8 – 35 mm)
- um viel auf einmal darzustellen,
- bewußt zu verzerren,
- fehlenden Abstand zum Motiv zu kompensieren,
- mit Proportionen zu spielen,
- große Bereiche Scharf abzubilden…
Weitwinkel bietet sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten und ist speziell im künstlerischen Bereich, aber auch bei Pressearbeit im Einsatz
Normal – Objektive (ca. 50 mm)
diese Brennweite entspricht der des menschlichen Auges –
also besonders geeignet für möglichst „reale“, „natürliche“ Darstellungen
Mit Normalobjektiven ist es trotzdem am schwersten, beeindruckende Fotos zu machen, da alle „optischen“ Tricks wegfallen, relativ viel auf dem Bild ist und der Fotograf auf alles achten muss.
Tele – Objektive (ab ca. 60 mm)
- um selektiv Details abzubilden,
- störendes aus dem Bild zu verbannen,
- Entferntes groß raus zu bringen, bzw die Fluchtdistanz von Tieren zu wahren,
- Schärfe auf sehr kleine Bereiche zu reduzieren
Besonders in der Naturfotografie und im Sport findet man große Brennweitenim Einsatz – gepaart mit hoher Lichtstärke = kleine Blendenzahl sind diese meist am Teuersten
Spezialobjektive (Lupen-, Shift- Macroobjektive, Fischauge, Lensbaby…)
- um Winziges zu vergrößern,
- stürzende Linien zu verhindern,
- Raumwirkung darzustellen,
- Schärfenebnen zu „manipulieren“
meist-verwendet bei Hobbyfotografen ist hier das Macro-Objektiv (das eigentlich ein spezielles Tele-Objektiv ist) gefolgt vom Tilt/Shift Objektiv, das in der Architekturfotografie professionelle Bilder liefert
Das „beste“ Objektiv
Die „Optik“ = Objektiv ist ausschlaggebend für hoch-qualitative Fotos und gute Ergebnisse bei „schlechten“ Lichtverhältnissen.
Jedes Objektiv hat konstruktiv bedingte Fehler wie Verzerrung, chromatische Aberration, Streulicht, Vignettierung… diese werden bedingt durch den Aufbau (runde Öffnung, eckiges Bild – Größe der Linsen, Anzahl der Linsen, bewegliche Teile…), die Verwendung (Lichtverhältnisse), verwendete Kamera (Größe des Sensors)
Die Qualität eines Objektivs ist also (in der Theorie) besser wenn:
- möglichst wenige Linsen (weil jede Linse Fehler hat und die sich addieren)
- unbeweglicher / fixierter Aufbau
- hochwertige Vergütung der Linsen
- möglichst kurze Entfernung zum Sensor (Streulicht)
- möglichst große Linsen (weil damit der stark gebeugte/fehlerträchtige Randbereich weniger verwendet wird)
Das bedeutet, daß das beste Objektiv ein ca. 50 mm Blende f=0,8 ohne Bildstabilisierung (IS) ist.
Bildstabilisierung?
Unter dem Namen „Image Stabiliser“, „Steady Shot“ oder „Vibration Reduction“ läuft diese Funktion mit der Aufgabe, die Verwacklung durch den Fotografen zu verringern.
In der Regel ist im Objektiv ein Mechanismus, der versucht die Bewegungen des Fotografen durch „Gegen“-Bewegung der Linsen aufzuheben. Je nach Brennweite können die meisten Menschen ein 1/80 Sekunde Verschlusszeit frei Hand halten ohne zu verwackeln. Mit Bildstabilisierung geht das dann in der Regel bis zu einem 1/50 sec.
Man gewinnt also bis zu zwei Blendenstufen / oder Zeitstufen dazu.
Wichtig:
- Auf dem Stativ, oder bei unbeweglicher Kamera – Bildstabilisierung immer ausschalten, da sonst das Gegenteil erreicht wird;
- Ab ca. 1/300 Sekunde Verschlusszeit ist der Bildstabilisator aufgrund der kurzen Zeit ohne Wirkung;
- Manche Modelle bieten die Möglichkeit nur in einer Richtung (z.B. horizontal) zu stabilisieren – das ist für „Mitzieh-Fotos“ wichtig, da sonst die Automatik den „Effekt“ zerstören würde;
- Da die Bildstabilisierung über Ultraschallmotoren erreicht wird, benötigt diese Funktion (im Vergleich zu anderen Funktionen) viel Strom – Akkulaufzeit!!
Gegenlichtblende
Für viele ein unnützes Zubehör ist die Gegenlichtblende, eigentlich ein wertvolles Hilfsmittel, Objektivfehler zu minimieren.
- So wird Streulicht, das von der Seite in das Objektiv eindringen kann, stark minimiert. (Also z.B. eine Straßenlaterne, die zwar nicht mehr im Bild zu sehen ist, aber seitlich vor dem Objektiv für Störlicht sorgt)
- Auch bei Gegenlicht-Fotos kann man damit das „Hauptlicht“ aus dem Bild nehmen.
- Auch als mechanischer Schutz ist die Gegenlichtblende hervorragend geeignet – einfach umgedreht verwenden, dass spart viel Geld bei unsanften „Berührungen“.
Tipps:
- Die meisten Fotografen geben weit mehr Geld für Objektive als für die Kamera aus – also beim Neueinstieg eher an der Marke orientieren, wo man die gewünschten Objektive bekommt…
- Objektive „altern“ (bei guter Pflege) nicht so schnell – also bei Objektiven eher „langfristig“ planen;
- Objektive kann man auch leihen – um vorab zu testen, ob man mit Einsatzbereich und Abbildungsleistung zufrieden ist.
- Nicht das Teuerste ist das Beste – sondern das für den Zweck am Geeignetste;
- Auch analoge, alte Objektive sind nach wie vor hervorragend geeignet – auch wenn das „Marketing“ der Hersteller anders argumentiert;
Mein Fazit:
- Wer also eine Spiegelreflexkamera gekauf hat um bessere Bilder zu machen, zu dokumentieren oder einen Reisebegleiter sucht, ist mit einem mittleren Zoom-Objektiv z.B. 24-105mm gut bedient. Ob er mit einem 28-300mm glücklich wird lasse ich hier offen…
- Für Hobbyfotografen, die gerne Sportaufnahmen machen, sollten etwas tiefer in die Tasche greifen und auf Bildstabilisator und Lichtstärke (also Blende kleiner/gleich 4) achten.
- Naturfotografen, die Landschaften, Himmel und Berge lieben, werden im Weitwinkelbereich glücklich. Wer gerne mit optischen Mitteln spielt, wird die gegebenen Möglichkeiten auch lieben.
- Schmetterlingsjäger und Pflanzenfreunde kommen schnell beim Macro auf Ihren Geschmack.
- Studio- und Portraitfotografen werden sich schnell nur noch mit Festbrennweiten im leichten Telebereich zufrieden geben.
Für ambitionierte Einsteiger, die Fotografieren wirklich lernen und verstehen wollen, empfehle ich mit einem 50mm Objektiv zu beginnen und alles damit zu versuchen (Motivwahl, Bildaufbau, Belichtung, Einstellungen….).
Erst wenn man das im Schlaf beherrscht auf ein mittleres Tele (z.B. 200mm) zu erweitern – damit wird das Auge für Details geschärft. Kann man das aus dem „FF“ legt, man sich ein Weitwinkel zu und beginnt zu „spielen“ und künstlerisch zu probieren.
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