Teil 4 der Serie „KI-ready werden“

Konkrete Handlungsoptionen

Im letzten Teil der Serie sehen wir uns an, was unserem Umgang mit der schnellen Entwicklung von KI helfen kann und wie wir davon profitieren können. Was bisher geschah:

Der Werkzeugkasten: Was wir bereits haben

Hier ist die gute Nachricht, die ich dir aus Teil 1 mitgebracht habe:

Die Potentiale von Enterprise Social Networks , agilen Strukturen (schnelle, sinnvolle, kurzfristige Ziele entlang gemeinsamer Prinzipien) sowie Chat (für Kleingruppen-Zusammenarbeit) können genutzt werden, mit der Dynamik und Komplexität der KIInnovationen umzugehen.

Diese drei „gescheiterten“ Innovationen sind nicht gescheitert. Sie sind die Voraussetzung dafür, dass wir diesmal mit KI über Level 1 hinauskommen

  • Agile ermöglicht – parallel zur schnellen Entwicklung von KI – kurze Zyklen und Ende-zu-Ende-Verantwortung statt starrer, zu langsamer Jahresplanung
  • ESN schafft die notwendige Transparenz und Netzwerk-Strukturen für schnelles organisationales Lernen
  • Chat fördert echte Ko-Kreation und asynchrone Zusammenarbeit

Zusammen bilden sie das Fundament für VUCA-Readiness.


Was jetzt zu tun ist

Deshalb brauchen Organisationen Austausch untereinander und Begleitung, weil der Großteil nach wie vor in seriellen, Top-Down-One-Size-Fits-All-hierarchischen Strukturen operiert.

1. Karrieremodelle überdenken

Die klassische Karriereleiter – von Mitarbeiter über Team Lead zu Manager zu Senior Manager – basiert auf Command & Control. In der KI-Ära brauchen wir neue Modelle:

  • Rollen statt Positionen – flexibel, kontextabhängig, rotierend
  • Fachkarrieren gleichwertig zu Führungskarrieren (reduziert menschliche Fehlbesetzungen)
  • Führung durch „Wahl“ oder „Losverfahren“ (mit zeitlicher Begrenzung)
  • Servant Leadership als Standard statt Ausnahme

2. Rollen, Regeln und Prozesse weiterentwickeln

Weg von starren, jährlichen Prozessen und Fokussierung auf Stabilität:

  • Experimentierräume schaffen, in denen Scheitern erlaubt ist (In Innovationsbereichen)
  • Trennung von Management und Leadership Rollen
  • Neue Rollen mit Re-Fokussierung (Knowledge Broker, statt Manager)
  • Ende-zu-Ende-Verantwortung ermöglichen statt Silo-Denken
  • Prinzipien statt Regeln – Rahmen geben, nicht Micromanagement

3. Von Jahreszyklus zu adaptiven Rhythmen

Adaption (oder eliminieren) von klassischen Freigabe-, Budget-, Abstimmungs-, Überprüfungszyklen

  • Kurze Planungszyklen (Quartale statt Jahre)
  • Regelmäßige transparente Retrospektiven – organisationales Lernen institutionalisieren (ESN)
  • Budgetflexibilität für schnelle Entscheidungen (Crowdfunding, Kickstarter, Innovationspitchen)

4. Führung neu definieren und umsetzen

Entlang der Wertschöpfungskette differenziert (im strategischen Innovationsbereich inspirierende Führung, im operativen Businessbereich menschlicheres Management)

Auch im hoch-effizienten operativen Bereich braucht es befähigende Führungskräfte,
da pure „Malen nach Zahlen“ Jobs durch KI und Roboter wegfallen
und die Mitarbeitenden wieder ins Lernen gebracht werden müssen.

  • Lern-Vorbild sein – Führungskräfte, die öffentlich experimentieren und scheitern (zu lernen gibt es für alle genug – z.B. 21st Century Skills)
  • Emotionale Stabilität in unsicheren Zeiten bieten (Angst lähmt)
  • Inspirierende Atmosphäre schaffen statt kontrollieren (mitdenken fördern)
  • Kontext gestalten statt Kommandos geben (why > how > what)

Neue Fragen stellen: Von Angst zu Gestaltungslust

Wir haben in Teil 2 gesehen, dass die Frage „Nimmt mir KI meinen Job weg?“ aus Angst kommt. Lass uns die Fragen neu formulieren:

alte Fragen - neue Fragen... die wir uns stellen sollten
Alte Frage:Neue Frage:
„Nimmt mir KI meinen Job weg?“„Welche Arbeit will ich als Mensch in dieser Welt machen?“
„Wie kann ich sicherstellen, dass noch ein Mensch entscheidet?“„Wofür braucht es wirklich menschliche Entscheidungen – und wie stärken wir genau diese Fähigkeiten?“
„Wie behalte ich die Kontrolle?“„Welche Wirkung will ich gestalten?“
„Wie vermeide ich Risiken?“„Was können wir lernen, wenn wir experimentieren?“
„Was bring es uns?“ (ROI)„Verpasste Möglichkeiten? Welches Risiko entsteht, es nicht zu machen?“

Diese neuen Fragen öffnen Räume.
Sie laden ein, statt auszuschließen.
Sie ermöglichen Zukunft statt sie zu verhindern.


Organisationen sind selten bereit für VUCA/BANI

Jetzt die Hausaufgaben machen! Seit über einem Jahrzehnt gibt es kaum eine Konferenz, auf der nicht über Dynamik, Komplexität, Ambiguität und Volatilität gesprochen wird. Das Gute daran – wer es bisher nicht angegangen ist, findet sehr viel Material, Beratung, Werkzeuge und Methoden um schnell einzusteigen und zu wachsen.

Die Überforderung der Menschen
ist das Ergebnis des Verharrens
in veralteten Strukturen und der Anwendung
von unpassenden Methoden, Formaten und Werkzeugen.

Der verbreitete Leitspruch „Komplexität vereinfachen“ ist ein Glaubenssatz von Taylor und geht von Stabilität und Langsamkeit aus – beides heute kaum noch gegeben.

Diversität bedeutet Individualität respektieren und ist ein wirkvoller Hebel, um komplexe Aufgaben gemeinsam zu lösen
Diversität bedeutet Individualität respektieren und ist ein wirkvoller Hebel,
um komplexe Aufgaben gemeinsam zu lösen

In hochdynamischen Systemen sollte man mit Komplexität arbeiten, die Vielfalt einsetzen (Netzwerke) und eine experimentierfreudige Lernreise gestalten. Führung bedeutet hier besonders LernVorbild zu sein und emotionale Stabilität in einer inspirierenden Atmosphäre zu schaffen.

Der größte Fehler: „keine Ressourcen für Transformation“

Absolut verständlich, sich in schwierigen Zeiten auf das Kerngeschäft zu fokussieren:

Womit verdiene ich wirklich Geld, und was kostet zu viel?

Das ist wirtschaftlich sinnvoll und wichtig – im gleichen Maße hoch-riskant, weil damit Investitionen, verfügbare Kapazitäten und notwendige Ressourcen für die Folgezeit gestrichen werden.

Wir haben jetzt
keine Zeit oder Geldfür Transformation
das machen wir, wenn es wieder ruhiger wird!
Wir haben jetzt keine Zeit oder Geld für Transformation das machen wir, wenn es wieder ruhiger wird!

Gerade mit KI können Organisationen so effizient und exponentiell wirksam werden, dass jene, die auf „ruhige Zeit“ warten, dann obsolet sind.Hand aufs Herz, wann war es im Business „ruhig genug“ um sich um Veränderung zu kümmern?

Auch hier lernen wir von der Natur – wenn es „wild“ wird, passiert Anpassung!

Konkretes Beispiel: Ein Startup kann heute in 6 Minuten ein komplettes, interaktives Webinar im Corporate Design, mit Quiz, multi-lingual (nicht nur Untertitel – vollständig in x-Sprachen) automatisiert erstellen und sofort nutzen. Da die Erstellung so schnell geht und personalisiert ist, kann sich jede*r sein eigenes adhock „erstellen lassen“ – während andere „Trainings-Anbieter“ monatelang an Trainings, Design, Übersetzung etc. bauen, um es dann „One-Size-Fits-All“ auszurollen.

Ein Ausblick: Die Organisation der Zukunft kann menschlicher werden

Ich weiß, das klingt paradox. KI wird mehr, Menschen werden weniger – und trotzdem wird die Organisation menschlicher?

Ja. Genau das*.

Denn wenn KI die regelbasierten, effizienzgetriebenen, logischen Aufgaben übernimmt, bleibt für uns das übrig, was uns auszeichnet:

  • Kreativität statt Routine
  • Ethik statt Algorithmus
  • Beziehung statt Transaktion
  • Intuition statt Berechnung
  • Sinn statt Effizienz

*man muss jedoch unterscheiden, um welche Organisation es geht. Wir sehen heute schon „dunkle“ Fabriken zur Produktherstellung in China. Der Teil der Wertschöpfungskette, der lean abgearbeitet werden muss, hat für Menschen keine Zukunft, dafür sind wir zu teuer und zu unsicher. Dort wo es um ganzheitliche, nachhaltige Strategie, um innovative Lösungsfindung oder Gestaltung geht, sind unsere menschlichen Fähigkeiten seit jeher wertvoll.

Die vier Level aus Teil 3 der „KI-ready werden“ Serie zeigen uns den Weg:

VUCA-Readiness ist die Voraussetzung.
ESN, Agile und Chat sind die Werkzeuge.

Und unser Menschsein – mit all seiner vermeintlichen Ineffizienz, Emotionalität und Irrationalität – ist nicht das Problem, vielmehr hilft das bei der Lösung.

Option B: KI kann viel schneller viel mehr…

Auch dann ist die Rückbesinnung/Stärkung unserer menschlichen Fähigkeiten – sogar noch wichtiger. Angenommen wir übergeben auch den strategischen Teil (weil irgendwann KI viel schneller, ganzheitlicher, komplexer kombinieren kann), den qualitativen Teil (weil KI ein uns überlegenes Level erreicht hat), den empathischen Teil – psychologische Sicherheit (weil KI das gibt, was Individuen wollen), den sozialen Bereich mit Robotik, den produktiven Bereich… Wenn uns KI also ganzheitlich dient und wir uns auf das „Sein“ konzentrieren können (oder müssen, weil es keine Arbeit mehr – oder nicht mehr genug gibt) – spätestens dann brauchen wir neben einem neuen Finanzsystem ein „Beschäftigungskonzept“, welches handwerklich, philosophisch, künstlerisch, spirituell geprägt sein könnte.


Zum Abschluss: Kleine Schritte, gemeinsam gegangen

Wir haben eine lange Reise durch vier Teile gemacht:

  1. Wir haben ein Muster gesehen, warum Transformationen scheitern – und was wir daraus lernen können
  2. Wir haben betrachtet, was „menschliches Entscheiden“ einzigartig macht
  3. Wir haben einen praktischen Weg durch die vier Reifegrade entwickelt
  4. Wir sehen machbare Lösungen und haben schon einen wirksamen „Werkzeugkoffer“

Du musst nicht morgen alles umkrempeln.
Du musst nicht perfekt sein.
Du musst nicht allein sein.

Fang klein an:

  • Such dir einen Experimentierraum in deiner Organisation
  • Lerne auch privat und tausche Dich aus
  • Bring Menschen zusammen (ESN, Chat, Live-Gruppen, Hybride-Events)
  • Stelle Fragen und Rückfragen, Thesen und erwarte keine einfachen Antworten
  • Arbeitet in kurzen Zyklen (Agile)
  • Lernt gemeinsam, was funktioniert – immer wieder, weil sich Rahmenbedingungen schnell ändern können

Die Aufgabe ist groß. Die Veränderung ist real. Die Unsicherheit ist da.

Aber wir haben die Werkzeuge. Wir haben das Wissen. Und wir haben etwas, das KI (noch?) fehlt: Ein Bewusstsein, Lebenswillen und die Fähigkeit, auch trotz aller Logik zu hoffen, zu träumen und gemeinsam etwas Neues zu wagen.

Die Zukunft ist nicht etwas, das uns passiert.
Sie ist etwas, das wir gestalten.

Mindestens aus Respekt kommender Generationen gegenüber

Gemeinsam. Schritt für Schritt.
Mit Zukunftslust statt Zukunftsangst.


Danke, dass du diese Reise mit mir gegangen bist. Ich freue mich auf deine Gedanken, deine Fragen, deine Erfahrungen. Denn genau so – im Austausch, im Dialog, im gemeinsamen Lernen – entsteht die Organisation der Zukunft.

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