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Eine neue Form der KI Software

Update-Datum:

KI nimmt immer mehr Raum zwischen uns und Software ein. Quasi ein Interface (Übersetzer) zwischen Code und menschlicher Sprache (Wünsche= Prompts)

Dabei werden die durch Menschen ausgedrückten Prompts immer mehr durch „System-Prompts“ (quasi Rahmen, Templates, Richtlinien, Gestaltungsformen) ergänzt.

Durch die immer breitere Weiterentwicklung der KIs werden unsere Wünsche und die Systemvorgaben jetzt ergänzt durch zum einen „persönliche Profile“ die durch die Nutzung erstellt werden, zum anderen durch den kleinteiligeren Zugriff auf Funktionen im Code – mehr dazu später.

Ich versuche in einem „Phasen-Modell“ diese Entwicklung einzuordnen – parallel dazu, wie sich „Lernen“ dabei verändert:

Software-Entwicklungsphasen

Phase 1: Software als „finales Produkt“

Erste Software Produkte wurden über gedruckten Code, später über Datenträger (Lochstreifen, Datasetten, Floppy, Disketten, CDs, DVDs, USB-Sticks) den Nutzern als „fertige“ Produkte zur Verfügung gestellt. Das Geschäftsmodell hier der Verkauf eines abgeschlossenen Produktes, dessen Entwicklung und Produktion mehrere Jahre in Anspruch nahm.

Das Lernen dieser Produkte wird meist im Klassenzimmer-Setting, als gebuchte, physische Schulung durch TrainerInnen organisiert und mit gedruckten Lehrbüchern begleitet.

Phase 2: Versionierung

Deren kontinuierliche Weiterentwicklung, Kunden-Feedback und Verbesserungen in den Programiersprachen, neue Benutzeroberflächen, Eingabegeräte etc. beschleunigte die Entwicklungs- und Produktionszeiten. Diese „Erweiterungen“, „Verbesserungen“ und später durch die Notwendigkeit von „Sicherheitsupdates“ und „Bugfixes“ machten eine „Versionierung“ und Beschleunigung der SoftwareVerteilung notwendig. Damit auch die Möglichkeit, öfter mit dem gleichen Produkt Geld zu verdienen.

Da schon hier der Aufwand klassischer Schulungen oder der langsame Druck von Lehrmaterial sinnlos wird, werden auch Trainings jetzt meist online durch Videoschulungen organisiert.

Phase 3: Software wird Service

In „Phase 3“ kommt die „Cloud“ – also zentrale Speicherung, Verteilung zum Tragen. (SAAS = Software As A Service wird geboren) Jetzt wird Software nicht mehr als Produkt ausgeliefert und nur kleine Updates über das Internet angeboten, sondern die gesamte Software, was Verkaufsgeschwindigkeit dramatisch erhöht.

Gleichzeitig kann so mit deutlich weniger Aufwand (keine physische Produktion und Logistik) eine globale Zielgruppe erreicht werden. Ab hier erfüllt Software die Kriterien der Digitalen Transformation (Zeit- und Orts-Unabhängig und Skalierbar)

Wird zu Beginn dieser Phase noch die Software „verkauft“, entstehen jetzt „ABO-Modelle“, die es ermöglichen gleichzeitig verschieden ausgestattete Versionen anzubieten (Standard, Professional, Corporate…). Die „Update-Zyklen“ werden hier teils schon auf wenige Tage reduziert (Bei Funktionen weniger häufig als bei Sicherheits-Updates)

Das Lernen differenziert sich hier noch weiter, so kommt zu den klassischen Anbietern von Trainings, LMS (Lern-Management-Systeme) dazu, die den kontinuierlichen Schulungsbedarf organisieren, Zertifikate ausstellen und Qualifikation virtualisieren.

Phase 3.1: Reduktion durch Apps

Eher als parallele Entwicklung sehe ich die Entstehung von App-Stores, also Marktplätzen, auf denen neben den „großen“ Softwarepaketen, jetzt jede und jeder Einzelfunktionen (App=Applications = Anwendungen) oder kleine Bündelungen von Optionen auch selbst anbieten kann. Während in Phase 1 oder 2 kaum jemand den Aufwand (oder die Finanzmittel) aufgebracht hätte, eine einzelnen Funktion als „App“ anzubieten, ist das jetzt in jedem Umfang möglich.

Bis hier her bekommt jedoch (bis auf sehr generelle Pakete) noch jeder individuelle Nutzer oder Organisationen das gleiche Produkt.

Der stark reduzierte Funktionsumfang einzelner Apps, erlaubt es jetzt, die „Schulung“ direkt in die Apps zu bauen – teils mit „Overlays“ (erklärende Überlagerung) und teils mit kurzen Video-Animationen, wird in der App selbst die Funktion gezeigt.

Phase 4: KI erlaubt funktionelle Individualisierung

Ich vermute, dass wir gerade mehrere Veränderungen im Software Markt erleben:

Eingabe verändert sich:

Künstliche Intelligenz und deren Sprachmodelle erlaubt es unsere menschliche Sprache zu „verstehen“ (nicht im Sinn-Sinn, aber als Interpretation) und daraus passende Handlung abzuleiten. Damit wird es viel einfacher, „einfach zu sagen, was man will“, „auf etwas zu zeigen“, oder aus dem Kontext heraus „ein Angebot“ zu bekommen (durch die Omnipräsenz von Sensorik, Mikrofonen und Kameras). Auch der „virtuelle Raum“ (VR) wird so deutlich einfacher zu erstellen und zu navigieren.

Hier lernen wir nicht mehr wie eine Software funktioniert, sondern nur noch, wie wir fragen müssen, um ein gewünschtes Ergebnis zu erhalten (Prompting)

Personalisierung wird möglich:

Ab 2025 wird die Zeit der KI-Agenten prophezeit. KI kann als selbst-lernendes System unser Verhalten beobachten und daraus Profile erstellen – diese wiederum erlauben es, uns ganz individuell zu „dienen“. Das kann den Aufwand mit überladene Menüs, umfangreichen Navigationen, aufwändigem Suchen und Filtern deutlich reduzieren – was dem stetigen Wunsch nach „Vereinfachung“, „selbsterklärend, User-Freundlich“ einen großen Schritt näher kommt. (Man bekommt nur noch angeboten, was man wirklich in der jeweiligen Situation benötigt). Darin liegt natürlich ein großes „Verdummungspotential“, da wir so nicht mehr lernen, welche Möglichkeiten es potentiell gibt (wir werden fremdgesteuert, obgleich wir uns überlegen fühlen)

Positiv formuliert, wird es hier immer wichtiger zu reflektieren, was man eigentlich will – da „logische nächste Schritte“ durch gelernte Algorithmen selbsttätig im Hintergrund ablaufen. Die Notwendigkeit Kenntnisse zu erwerben reduziert sich nochmal deutlich.

Individualisierung als neue Geschäftsmodell-Stufe

Eine Software kostete oft 50-100€ und ist als Ganzes auf Lebenszeit in unseren „Besitz“ übergegangen.

Updates waren dann in der Regel ca. 30% „günstiger“ als die Vollversion und wurde etwa jährlich gekauft.

Ein Software-ABO musste entweder monatlich bezahlt werden (oft um 10€/Monat) oder war beschränkt auf die jeweilige Hauptversion. Hier wird schon klar, wie viel lukrativer ein Abo-Modell gegenüber des Einmalverkaufs ist.

Durch KI sehe ich die nächste Stufe, ähnlich wie es schon bei den APPs eine Reduzierung auf Individual-Funktionen gab: Das Abo umfasst jetzt nur noch die Grundfunktionen oder eine generelle „Mitgliedschaft“, während die KI uns mit den jeweils benötigten Funktionen individuell versorgt. Im Auto ist das schon eine Weile (ohne KI) möglich. Man bucht einen Leihwagen, unterwegs stellt man fest, dass es zu heiß ist und „bucht adhoc die Klimafunktion dazu“.

Je nach Auftrag an unsere persönliche Assistenz, die KI (die jetzt unser „Handelspartner“ wird), nutzt diese im Hintergrund Funktionen, KI-Modelle… um unseren Wunsch zu bedienen. Abgerechnet wird dann nach Nutzung.

Wie Kleinteilig die Abrechnung sein kann, sieht man in verschiedenen Bereichen:

  • Datenzugriff
  • Bandbreite
  • Funktionsumfang
  • Latenz (Wartezeit)
  • Anzahl der Prozess-Schritte (Algorithmik)
  • „KI-Qualität“ (Komplexität der Aufgabe)
  • Rechnenleistung
  • Speicherplatzbedarf usw.

Wie auch bei den Apps sind die Einzelbeträge sehr gering – oft im „Cent-Bereich“ – was sich jedoch schon bei mittleren Fragestellungen oder Aufträgen (generiere ein Bild, analysiere einen längeren Text, konsolidiere ein Buch) schnell aufsummiert.

#Nicht-Schluss Gedanken

Es wird immer wichtiger zu hinterfragen, wer uns solche Systeme zur Verfügung stellt, welches „Menschenbild“ oder welche „Welt-Haltung“ dahinter steht. Wir geben sehr viel an Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten ab – um einen immer bequemeren Service zu bekommen (immer schneller, mehr, vermeintlich besser)

Muss ich programmieren können? Muss ich ein Software-Programm verstehen? Sollte es mich interessieren, wie KI zu einer Aussage/einem Ergebnis kommt?

KI und Apps werden aktuell von einer Generation entwickelt, die viele Dinge noch analog oder physisch gelernt haben, Funktionen durchdrungen und „Ursache-Wirkung“ wenig komplex (weil One-Size-Fits-All, langsam und nicht vernetzt) war. Nachfolgende Generationen (Beginnend mit Gen Y) ist diese Voraussetzung nicht mehr gegeben – kann man dann noch die Verantwortung für die Nutzung solcher Systeme übernehmen (oder wird die dann vom Anbieter übernommen?)

Mit Begeisterung nutze ich Technologie, Innovation und natürlich auch diverse KI Angebote – gleichzeitig stellen sich mir immer mehr Fragen, kommen Zweifel, welches „Erbe“ wir hier künftigen Generationen übergeben…