Social Media hat viele negative Aspekte, einer der bekanntesten ist der „Shitstorm“ – was im Kern eine Aufschaukelung eines „scheinbar“ relevanten Themas ist, das plötzlich skaliert/viral geht. Dieser Effekt ist einer der Motoren von Sozialen Netzwerken – warum erleben wir so oft nur die negative Form – und was wäre eine positive?
Der leider schon verstorbene Gehirnforscher, Professor Kruse erklärt Netzwerke, Kreativität, Aufschaukungseffekte und warum sie dank moderner Plattformen so erfolgreich sein können.
sehr empfehlenswerte siebeneinhalb Minuten mit Prof. Peter Kruse über Kreativität:
„Um komplexe Probleme zu lösen,
braucht es KreativitätUm Kreativität zu verstärken,
fördern wir Diversität und sorgen für Vernetzung“
… deshalb ist eine organisations-interne Enterprise Social Network Plattform die Grundlage für Erfolg in VUCA (also in Themen, die volatil, unberechenbar, komplex und mehrdeutig sind)
Wir sprechen in verschiedenen Kontexten sehr oft von Vernetzung, wir hören es in Führungskräftelehrgängen, bei Startups und immer dann, wenn es darum geht, etwas zu verändern oder zu erreichen – und fast überall sprechen wir von „Vernetzung“
Begriffsklärung: WAS bedeutet eigentlich Vernetzung?
Meist wird der Begriff „Netzwerk“ gebraucht und kommt in diesen Bedeutungen vor:
- Menschen bezeichnen ihre Kontakte, die sie physisch kennengelernt haben als Ihr Netzwerk – man kann sie anrufen, sie sind nützlich, um Dinge zu erreichen… Telefonnummernlisten oder Visitenkarten-Sammlungen zeugen von der Größe dieses Netzwerks
- Mit „Wir netzwerken“ wird der informale Austausch am Kaffee Automaten oder auf Konferenzen bezeichnet. Man lernt sich kennen, baut Vorurteile ab und erweitert den Horizont und die Zahl der Personen, die „man kennt“ – eine Folge ist das unter Punkt 1 beschriebene physisch „bekannte“ Netzwerk
- Im digitalen Netzwerk arbeiten, bezeichnet eine Organisationsform, die es ermöglicht mit einer „beliebig“ großen Menge von Menschen, orts- und zeitunabhängig – vor Allem aber skalierbar* (*exponentielle Effekte/Wirkung – ähnlich wie ein Kettenbrief) zusammenzuarbeiten. Vernetzung hier meint digitales Folgen, Resonanz via Likes, Kommentaren und Reposts, Aufbau digitaler Reputation und SocialLearning.
- Netzwerk hat auch viele technische Bedeutungen (verbundene Kabel, WLAN, gekoppelte Rechner…)
Grundlagen einer Netzwerk-Organisation:
Der Change-Experte John Kotter (8 Stufen der Veränderung) veröffentlichte 2014 seinen Vorschlag eines „Dual-Operating-System“ (Video Englisch) um die Vorteile von Hierarchie und Netzwerk zu verbinden.
Seither gibt es jedoch nur wenige Organisationen, die damit sichtbar geworden sind. Ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht, das umzusetzten:
Die Art von Netzwerk, wie unter dem dritten Punkt beschrieben, setzt zwingend eine Soziale Plattform voraus – hier die relevanten Bestandteile eines ESN (english).
Es gibt auch hier zwei Unterscheidungen: Social Communication, also die soziale Kommunikation in Netzwerken bzw. komplett offen an alle. Plattformen wie Microsoft Yammer, Twitter/X, LinkedIn sind dafür geeignet.
Die erweiterte Form ist die „Social Collaboration“ also die Zusammenarbeit im Netzwerk (Co-Co-Kreation). Während sich im ersteren „über“ die Arbeit ausgetauscht wird, ermöglicht ein „vollständiges“ ESN die eigentliche Arbeit IN der Plattform – also gemeinsam zu gestalten.
Netzwerk-Organisationen beruhen auf freiwilliger Beteiligung
und grenzen sich damit von hierarchischen Strukturen und Communities ab.
(die in der Regel klare Rollen und Verantwortlichkeiten sowie einen definierten Lebenszyklus haben sollten).
Um im Netzwerk Projekte, Initiativen und Themen zu bearbeiten sind bestimmte Verhaltensweisen notwendig bzw. förderlich:
- Transparenz – um Neugier zu erzeugen sowie die Grundlage für wertstiftende Beiträge zu ermöglichen (Details helfen Risiken zu vermeiden und relevantere Antworten zu finden)
- Beteiligung – um das Netzwerk aufzubauen und zu aktivieren, braucht es das Erleben von „Selbstwirksamkeit“ (Ich kann etwas bewegen/gestalten/beitragen)
- Wertschätzung – der Motor eines aktiven Netzwerks sind die vielen, kontinuierlichen Feedbacks via Kommentar, Likes, Retweets
- Profile mit Netzwerken – Ein leeres Profil ohne Verknüpfungen hat keine Sichtbarkeit und Wirkung* (Achtung: File-Shares und Chat-Programme sind toll und bieten auch Likes und Kommentare, aber keine Profile mit Netzwerk über das offen, skalierbar Reputation aufgebaut werden kann!)
- Positive Haltung – Menschen etwas zutrauen, Freiheit und Vertrauen aufbauen, Verbundenheit erzeugen gepaart mit einem Möglichkeitssinn machen attraktiv „gefolgt“ zu werden (unsere Werte sind ein idealer Kompass)
- Courage – es braucht Mut in eine undefinierte (alle) Zielgruppe zu kommunizieren, um Hilfe zu bitten, Fragen zu stellen, Entscheidungsprozesse offen zu legen
Projekte, die ich bereits mit einer Netzwerkorganisation umgesetzt habe:
Neben einigen kleineren Themen hier drei Beispiele, die den oben genannten Grundlagen folgten und damit schnell erfolgreich waren. In keinem der Projekte gab es eine Eskalation, sie wurden im Gegenteil sehr sichtbar für gelebte Werte. Es sind Projekte, deren Einzelleistung nicht messbar ist aber der Gesamterfolg deutlich mehr ist, als die Summe möglicher Einzelleistungen. Maximales „Engagement“ und Freude an der Zusammenarbeit wurden in allen deutlich:
Einführung eines ESN:
- 2011-2013
- 400 GUIDEs (Netzwerk aus Change-Agents) aus 36 Ländern
- Video des KickOff
- eine der erfolgreichsten ESN Einführungen in der Industrie
Migration auf Office 365 – New Work Style:
- 2016-2019
- 1400 GUIDEs aus 50 Ländern
- 140 Knowledge Broker
- 2500 Local Evergreen Teams
- Videos des Projekts
- 71% (sehr) positives MitarbeiterFeedback, Höchste Nutzung aller Provider-Kunden weltweit, „Einmaliges Erlebnis“ schreibt HAUFE: https://harald-schirmer.de/2019/06/21/wenn-arbeit-nicht-mehr-arbeit-ist
Future Work – Flexibility 2.0:
- 2021
- globale Umsetzung neuer Arbeitsformen
- Freiwilligen Team (40) & globales Netzwerk
- 1,4 Millionen interne Interaktionen
Reflexionsfragen:
Sind Sie bereit ihr Netzwerk skalierbar zu aktivieren oder damit sogar relevante Projekte zu schaffen, oder gar die Organisation auf (wie es der Change VIP Kotter formuliert) ein „Dual-Operating-System“ (Englisch) umzustellen?
- Arbeiten Sie schon in digitalen Netzwerken?
- Wie viele Follower haben Sie – und können Sie die aktivieren?
- Wenn Sie sich Ihr Profil in LinkedIn ansehen, ist es attraktiv für andere (z.B. von/mit ihnen zu lernen)?
- Lernen Sie selbst regelmäßig im und mit den Netzwerken?
- Was geben Sie Ihren Netzwerk-Kontakten und Followern?
- Wer ist in Ihrem internen oder externen Inspirations-Netzwerk? (Gleichgesinnte, Inspiration, positive Störung)
- Haben Sie schon einmal exponentielles Wachstum im Netzwerk erlebt?
Was ist nun das Gegenteil eines Shitstorms?
Die Frage ist noch offen. In den letzten Jahren habe ich oft den Begriff „Lovestorm“ gehört oder gelesen. Das passt aber sicher nicht besonders gut auf manch positive Erfahrung, gerade im Business-Kontext. Erst kürzlich wurde – fast nebenbei – der Begriff Movement in diesen Zusammenhang gebracht – und das trifft es meiner Meinung nach am Besten. Vielen ist vielleicht noch das Video des „Second Dancers“ in Erinnerung- dort wird es, trotz miserabler Videoqualität – sehr deutlich, was damit gemeint ist… eine exponentiell wachsende Gruppe von Menschen, die plötzlich alle das gleiche tun (oder sich gemeinsam in eine Richtung bewegen) – der „WirVersusVirus“ Hackathon könnte auch als eine solche positive Bewegung genannt werden.
Wann werden wir also die „Funktionen“ die uns Soziale Plattformen bieten,
in einer positiven Form besser nutzen – wir alle können dazu beitragen.
Komplexe Herausforderungen gibt es genug. Ich bin davon überzeugt, dass wir die kollektive Intelligenz und Kreativität, den Reichtum an (Lösungs-) Vielfalt aktivieren sollten.
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